Himalaya: "Sie hätten auch so in das Basislager zurückkehren können"

Die Rettung der beiden Alpinisten Walter Nones und Simon Kehrer am Nanga Parbat ist in Italien nicht nur mit Erleichterung aufgenommen worden. Der bekannte Extrembergsteiger Fausto De Stefani kritisierte den Hubschraubereinsatz auf dem Achttausender als "unglaubliche Schande" und "mediale Show", die zu einer "Banalisierung des Alpinismus" führe. Das Rettungsteam habe offenbar das "rechte Gefühl für das Maß der Dinge" verloren. Nones und Kehrer seien durchaus in der Lage gewesen, das Basislager ohne fremde Hilfe zu erreichen.

Nanga Parbat

De Stefani ist Mitbegründer der internationalen Organisation Mountain Wilderness, die sich für die Erhaltung der Bergregionen und deren Schutz vor weiterer Erschließung einsetzt. Der 55-jährige Fotograf und Umweltschützer gehört zu den wenigen Bergsteigern, die alle 14 Achttausender bestiegen haben.
"Fast militärische Ausmaße"
Das in Bergamo stationierte Rettungsteam und sein Leiter Agostino Da Polenza wollten zur Kritik an der aufwendigen Rettung nicht Stellung nehmen. Doch auch die Chefredakteurin der Alpinismus-Zeitschrift Alp, Linda Cottino, klagte über die "publicityträchtige Operation von fast militärischen Ausmaßen". Man habe den beiden Alpinisten die Hubschrauberrettung "geradezu aufgezwungen". Die Konsumentenvereinigung Codacons wiederum forderte Aufklärung darüber, wer die Kosten für die aufwändige Rettung bezahle. Alle Ausgaben seien durch die Versicherung gedeckt, versicherte der Krisenstab im Außenministerium.
Bis zu 40.000 Euro seien für die Rettung der beiden Bergsteiger ausgegeben worden, rechnet Ba-shia Baz, Sprecher der pakistanischen Flugrettung Askari Aviation, vor. "Speziell für schwierige Höhenflüge ausgebildete Piloten mussten rund 40 Flugstunden absolvieren, um die beiden Extrembergsteiger in der Rakhiot-Wand zu orten und einen Rucksack mit Vorräten und einem Satellitentelefon abzuwerfen", erklärte er.

"Riskante Mission"

Nach Angaben des Piloten habe es sich bei der Rettung der beiden um eine "ziemlich schwierige und riskante Mission" gehandelt. "Als wir landeten, berührte nur eine Kufe des Hubschraubers den Schnee, und die Rotorblätter waren kaum einen Fuß vom schneebedeckten Abhang entfernt. Der aufgewirbelte Schnee verringerte die Sicht fast auf null", berichtete er.
Die beiden Extremkletterer, die nach einer Nacht in Gilgit am Freitag in Islamabad eintrafen, berichtete indessen erstmals Details über den Tod ihres Expeditionsleiters Karl Unterkircher. "Wir gingen ohne Seil. Karl spurte im tiefen Neuschnee, der ihm bis über die Knie reichte. Plötzlich sahen wir ihn nicht mehr. Er war rund 15 Meter abgestürzt. Wir konnten ihn aus den Schneemassen befreien, aber sein Leben war nicht mehr zu retten. Er war mehrmals auf dem Fels aufgeschlagen", schilderte Nones den Hergang des Unglücks. Die beiden Alpinisten wollen am Wochenende zurück nach Italien.

Gerhard Mumelter
DER STANDARD Printausgabe, 26./27.7.2008)

Link: Karl Unterkircher – Website

Quelle: derStandard.at