Euro 2008 aktuell: Russland schafft perfekte Sensation

An diesem Abend hatte nur ein Holländer tatsächlich etwas zu lachen – und der saß beim "falschen" Team auf der Trainerbank: Guus Hiddink, Coach der russischen "Sbornaja", hatte sein Team perfekt auf die Niederlande eingestellt, am Ende gab es einen hoch verdienten 3:1-Sieg nach Verlängerung. Einer der ganz großen Favoriten ist damit schon im Viertelfinale ausgeschieden.

Russland/Holland

© Bild: AP

Russland stark
Beide Teams begannen vorsichtig, in den ersten 20 Minuten jedoch mit Vorteilen für den russischen Außenseiter. Wobei sich wieder einmal das große Manko der Russen auftat – die Chancenverwertung: Zhirkow mit einem Freistoß und Pawljutschenko mit einem Kopfball hätten Russland bereits nach zehn Minuten in Führung bringen können.

Erst in der 19. Minute kamen die übervorsichtigen Niederländer erstmals in den russischen Strafraum, Sneijders Schuss wurde aber geblockt. Es folgten die bis dahin stärksten zehn Minuten im niederländischen Spiel. Ein Weitschuss von Engelaar geht am Tor vorbei, dann ein gefinkelter Freistoß von Van der Vaart, zwei Oranje-Angreifer fahren daneben, Russen-Goalie Akinfeew bleibt wie angewurzelt stehen, aber der Ball streicht hauchdünn am langen Eck vorbei.

Es entwickelte sich ein offenes, schnelles Spiel. Und wieder waren die Russen dran: Arshawin und Kolodin verlangten Niederlande-Keeper van der Saar alles ab, um das 0:0 zu halten.

Im Gegenzug hatte Van Nistelrooy die Führung am Fuß, sein Drehschuss wurde von Akinfeew pariert.

In der zweiten Hälfte versuchte „Bondscoach“ Van Basten durch die Hereinnahme von van Persie für mehr Druck über rechts zu sorgen. Die einzige Chance resultierte allerdings wieder aus einem Van der Vaart-Freistoß, der – ganz ähnlich wie in der ersten Hälfte – an Freund und Feind vorbei segelte, aber auch das Tor um Zentimeter verfehlte.

Führungstreffer
Der Schock für Oranje in der 56. Minute: Semak setzt sich links durch, seine Hereingabe übernimmt Pawljutschenko direkt – keine Chance für Van der Sar. Erstmals mussten die Niederlande in diesem Turnier nun einem Rückstand nachlaufen.

Die Niederländer waren zum Handeln gezwungen, wirkten aber geschockt. Ihr Spiel zu statisch, die Russen bärenstark in den Zweikämpfen. Tatsächlich war Russland dem 2:0 näher als die Niederlande dem Ausgleich. Die vielen vergebenen Chancen sollten sich aber rächen.

Später Ausgleich
Kurz vor Ende der regulären Spielzeit kamen die wild aber einfallslos anstürmenden Niederländer doch noch zum Ausgleich: Sneijder-Freistoß von links, Van Nistelrooy ist da und stellt per Kopf auf 1:1 (86.). Es war der 33. Treffer von "Van the Man" in seinem 64. Länderspiel.

Hektische Schlussphase
Unglaubliche Szenen dann vor dem Schlusspfiff: Zuerst vergibt Zhirkov in der 88. Minute den Matchball, in der Nachspielzeit wurde Kolodin zuerst mit gelb-rot vom Platz geschickt, die Entscheidung dann aber von Referee Lubos Michel kurz darauf wieder zurückgenommen.

Die Verlängerung begann mit einem Energieanfall von Sneijder. Der Oranje-Spielmacher schloss sein Solo aber zu schwach ab.

Chancentod
Die größte Chance fand zunächst Russland vor: Pawljutschenko hätte bei ähnlicher Chancenauswertung wie Van Nistelrooy schon längst zum Volkshelden in Russland werden können. Der Schuss des Spartak Moskau-Stürmers klatsche aber von der Latte zurück ins Feld.

Kurz darauf die nächste Riesenchance für Russland: Arshawin überspielt die komplette Oranje-Abwehr, seinen perfekten Stanglpass rollt der eingewechselte Torbinsky lediglich in die Arme von Van der Saar. Und weiter ging es mit tollen – vergebenen – Chancen für Russland: Kolodin jagte einen Freistoß aus 25 Metern knapp am Kreuzeck vorbei. Und das war nur ein Auszug aus den Großchancen der Russen?

Holland? Fehlanzeige! Die Russen machten das Spiel, „Oranje“ schien sich aufs Elferschießen und Goalie Van der Saar verlassen zu wollen.

Pavlyuchenko gegen Van der Saar

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Sensation perfekt
Die passive Einstellung wurde letztlich nicht belohnt. In der 111. Minute hatte Arshawin einmal mehr seinen Spaß mit Ooijer, seine Flanke segelt über Van der Saar genau auf den Fuß von Torbinsky – 2:1. In der 116. Minute die endgültige Entscheidung: die niederländische Abwehr konnte Arshawin wieder nicht stoppen und diesmal machte Arshawin es selbst: strammer Schuss durch die Beine von Van der Saar.

Russland damit hochverdient im Halbfinale – und das mit dem jüngsten, und auch hungrigsten, Team der Europameisterschaft.

Niederlande – Russland 3:1 n.V. (1:1/0:0)
Basel, St. Jakob-Park, 38.374 (ausverkauft), Schiedsrichter Lubos Michel (SVK).

Tore: Van Nistelrooy (86.), bzw. Pawljutschenko (56.), Torbinsky (111.), Arshawin (116.)

Niederlande: Van der Sar – Boulahrouz (54. Heitinga), Ooijer, Mathijsen, Van Bronckhorst – De Jong, Engelaar (62. Afellay) – Kuyt (46. Van Persie), Van der Vaart, Sneijder – Van Nistelrooy

Russland: Akinfejew – Anjukow, Ignaschewitsch, Kolodin, Schirkow – Semak – Saenko (81. Torbinski), Semschow (69. Biljaletdinow), Syrjanow – Arschawin – Pawljutschenko (115. Sytschew)

Gelbe Karten: Boulahrouz, Van Persie, Van der Vaart bzw. Kolodin, Schirkow, Torbinski

Quelle: Österreich

 

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